Oberstufenklausuren

Mär 17, 2023

Die neue KMK-Vereinbarung zur Oberstufe sieht nun mindestens 40 zu belegende Kurse und in den ersten drei Semestern 1-2 Klausuren je Semester mindestens in allen Prüfungsfächern und maximal eine Klausur im 4. Semester vor.

Mindestanzahl an Klausuren:

4 Abiturprüfungsfächer (geschickte Wahl: Deutsch, Mathe, Englisch und ein Fach aus dem Aufgabenfeld B), eine Klausur je Prüfungsfach und Semester (nur in den ersten drei Semestern) ergibt 4*3=12 Klausuren.

Höchstanzahl an Klausuren:

Bei einer durchschnittlichen Verteilung von 10 Kursen je Semester, wobei Sport und das Seminarfach davon herauszunehmen sind, und je Semester 2 Klausuren geschrieben werden und im 4. Semester ein Klausur, erhält man 3*8*2+8=56 Klausuren.

Es geht aber noch höher, da manche Kurse nur im 1./2. Semester angeboten werden (z.B. Musik oder Religion), um die Belegverpflichtung zu erfüllen. Daher kann kein exaktes Maximum ermittelt werden. Wäre ich noch Schülerin, würde ich in diesem Fall versuchen, so viele Fächer wie möglich erst im 3./4. Semester zu belegen, um wenigstens eine Klausur je Kurs weniger schreiben zu müssen.

Die Tatsache, dass bereits jetzt die Bundesländer ungefähr zwischen 20 und 60 Klausuren als Mindestzahl festgelegt haben und der Spielraum mit der jetzigen Vereinbarung immer noch für jedes Bundesland mit 12-56 Klausuren recht hoch ist (den es zum Teil auch schon in den einzelnen Oberstufenverordnungen gegeben hat), zeigt, dass hier versucht wurde, mit einer umfassenden Formulierung eher alle bestehenden Verordnungen in einen gemeinsamen Text zu gießen als wirklich die Oberstufe zu reformieren.

Es könnte allerdings noch interessant werden, inwiefern die einzelnen Bundesländer die Möglichkeit nutzen werden, die Anzahl der Klausuren am Minimum auszurichten, um die durch empirische Evidenz gestützte hohe Belastung der Lehrkräfte zu verringern.

Von Kurzferien und längeren Arbeitszeiten

Jan 28, 2023

Gestern wurden in Niedersachsen die Halbjahreszeugnisse verteilt. Daher ist Montag und Dienstag schulfrei. Manche nennen das "Ferien", ich bevorzuge "verlängertes Wochenende". Eine kurze korrekturfreie Pause, die ich zum Aufräumen des Arbeitszimmers nutze.

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Die Ständige Wissenschaftliche Kommission (SWK) der Kultusministerkonferenz (KMK) hat Empfehlungen herausgegeben, wie mit dem Lehrkräftemangel in Deutschland umgegangen werden soll. Die Reichweite dieser Empfehlungen ist groß, haben sie es doch gestern in die Tagesschau geschafft. Die Empörung unter den Lehrkräften ist (zurecht) nicht geringer. Einige Punkte:

  • Reaktivierung von pensionierten Lehrkräften
  • Erhöhung des Unterrichtsdeputats
  • Erhöhung der Klassenfrequenzen
  • Verringerung der Möglichkeiten, auf Teilzeit zu gehen oder ein Sabbatjahr zu nehmen
  • Erhöhter Einsatz von Hybridunterricht, um beispielsweise mehrere(!) Klassen mehrerer(!) Schulen gleichzeitig zu beschulen
  • Erhöhung der Selbstlernzeiten
  • Erhöhung von Abordnungen
  • Entlastung von Organisationsaufgaben, Einbinden von z.B. Studierenden (nicht unbedingt in diesem Zusammenhang)
  • Achtsamkeitstraining und Coaching

Gegenüber den ersten sieben Punkten erscheint der letzte Punkt sehr komisch - Atmen gegen den Burnout?

Es geht bei den ersten sieben Punkten um den kurzfristigen Ausgleich des Lehrkräftemangels. Keiner dieser Punkte ist darauf bedacht, langfristig eine Verbesserung des Arbeitsplatzes "Schule" anzubieten. Denn selbst die Selbstlernzeiten müssen vorbereitet werden und hier benötigen schwächere Schüler:innen auch noch Unterstützung, schließlich funktioniert Lernen nicht einfach so, wenn man sich vor ein Video setzt. Und Hybridunterricht ist hinsichtlich fehlender oder regelmäßig abbrechender Internetverbindungen auch eher mau.

Im Grunde kann man sagen, dass die Schüler:innen sich nun selbst überlassen werden. Ich vermute, dass dies privaten Nachhilfe- und Bildungsinstituten in die Hände spielt, die mit kostenpflichtigen Zusatzkursen dafür sorgen, dass die Kinder zahlungswilliger Eltern das Abitur schaffen - Abitur gegen Geld.

Dennoch bin ich für Niedersachsen vorsichtig optimistisch, da hier vor ein paar Jahren erst das OVG Lüneburg klargestellt hat, dass eine Erhöhung des Unterrichtsdeputats zu einer Entlastung an anderen Stellen führen muss - nicht zuletzt unter Berufung auf den ersten Teil der Göttinger Arbeitszeitstudie. Und wer weiß, vielleicht rennen uns demnächst tausende Studierende die Türen ein, weil sie unbedingt Klassenarbeiten korrigieren, Pausenaufsichten übernehmen, Vertretungsstunden halten, Papiergeld und Elternunterschriften einsammeln wollen und das könnte durchaus eine Entlastung sein. Mit größerer Wahrscheinlichkeit endet es aber schon auf dem Papier.

Insgesamt muss man aber auch die Dauer der Maßnahmen im Blick haben. Denn sollten nun trotz der oeben genannten Punkte Abiturienten sich dazu entschließen, auf Lehramt zu studieren, dann dauert es erstmal etwa 5-7 Jahre, bis diese Studierenden überhaupt ihr Referendariat beginnen und weitere 1,5 Jahre, bis sie überhaupt als vollständig ausgebildete Lehrkräfte in den Schuldienst eintreten können. Vor 2030 braucht man also gar nicht mit einer Entspannung zu rechnen, alles andere wäre im Hinblick auf die vergangenen 3 Jahre schon sehr blauäugig.

Wer ist eigentlich diese SWK? Während die KMK aus dem jeweiligen Kultusminister:innen bzw. -senator:innen besteht, besteht die SWK

"aus 16 Personen: zwölf berufenen und vier weiteren Mitgliedern. Die Kultusministerkonferenz hat sie auf Vorschlag einer unabhängigen Findungskommission für die Dauer von drei Jahren berufen."

Quelle: https://www.kmk.org/de/kmk/staendige-wissenschaftliche-kommission/mitglieder.html

Darunter befinden sich Professor:innen für Schulpädagogik und Schulentwicklung, für Didaktik oder frühkindliche Bildung. Keine Lehrkraft, die an einer Schule unterrichtet. Ich lass das hier mal so im Raum stehen.